Fremdjahr: Die Fakten
Akkreditierung 2018 und Versuch der Fremdjahrabschaffung. Die Fakten im Zeitverlauf
Die Problematik eines Vorstandes, der sich nicht davor scheut seine Mitglieder anzulügen, um eine "hidden Agenda" zu betreiben, ist nicht unerheblich. Der SGPP-Vorstand muss sich keiner Mitgliederkontrolle stellen und ist praktisch unabwählbar und in der SGPP fehlen die in demokratischen Gemeinwesen notwendigen Checks And Balances. Um diesem Misstand abzuhelfen wurde die Urabstimmung One Doctor - One Vote initiert. Einfache SGPP-Mitglieder sollen 2018 eine Möglichkeit erhalten, ihre Berufsvertreter wählen, aber auch abwählen zu dürfen.
Als Anfang September 2018 ein Teil der Akkreditierungsdokumente vom BAG veröffentlicht wurde, zeigte sich wie geziehlt SGPP-Mitglieder in Sachen Fremdjahrabschaffung hinter das Licht geführt wurden. Einige der jetzt veröffentlichten Unterlagen können unter der folgenden Adresse heruntergeladen werden: https://tinyurl.com/akkreditierung2018
Vorgeschichte 2011 - 2017
Seit einigen Jahren waren an den Delegiertenversammlungen der SGPP und FMPP Bestrebungen im Gange, das Fremdjahr in der Psychiatrie abzuschaffen. Dies konnte bisher durch einige engagierte Kolleginnen in der DV nur in letzter Minute und sehr knapp verhindert werden. Aber als Reaktion haben die Initianten der Fremdjahrabschaffung nun durchblicken lassen, ihre umstrittene Massnahme als „Vorstandentscheid“ durchsetzen. Die Zeit drängt, deshalb wurde der DV vom 6.4. 2017 beide folgende Anträge unterbreitet.
April 2017 Antrag für das Fremdjahr
Antrag SGPP Delegiertenversammlung vom 6. April 2017
"Die SGPP setzt sich im Interesse ihrer Mitglieder und deren Patienten für den Ausbau der medizinischen Kompetenzen der Erwachsenenpsychiater ein und gegen die Abschaffung des Fremdjahrs. Die für die spätere psychiatrische Praxis unabdingbare somatisch-praktische Fremdjahrerfahrung darf nicht gestrichen, sondern muss qualitativ gefördert und verbessert werden."
Versuch den Antrag zu behindern
Der Präsident Pierre Vallon lehnt es ab den Antrag in der FMPP zu behandeln, obwohl er korrekt abgefasst und innerhalb der vorgegebenen Fristen eingeschickt wurde.
Ergebnis der Abstimmung:
SKWF-Präsident Julius Kurmann und viele SGPP-Delegierte empfehlen den Antrag zur Erhaltung und Förderung des Fremdjahres abzulehnen. Gegen den Widerstand von 11 Delegierten und bei 9 Enthaltungen wird das Anliegen aber mit 35 Ja angenommen.
Juni 2017 Geheimgehaltene Bestrebungen die DV zu umgehen und den Beschluss vom 6. April ausser Kraft zu setzen
Für die Akkreditierung 2018 muss die SGPP einen vorstrukturierten Selbstevaluationsbericht schreiben. Diesen Bericht bekommen weder SGPP-Mitglieder noch Delegierte zu sehen. Im seinem offiziellen Brief an die eidg. Behörden stellen der Vorstand und Julius Kurmann auf Seite 8 die Kompetenz der Delegiertenversammlung, sich in Sachen Weiterbildung einzubringen, in Frage. Die Selbstevaluation wird vom Vorstand geheimgehalten. Siehe Seite 8:
http://www.psica.ch/system/files/download/BAG_SEB_SGPP20170602_0.pdf
September 2017 Roundtable
Am Roundtable sollte eine repräsentative Auswahl von Stakeholdern der Schweizerischen Weiterbildungslandschaft miteinander diskutieren. Drei der 11 Teilnehmer waren die Drei Vorstandsmitglieder Pierre Vallon, Julius Kurmann und Daniel Bielinski. Den Part der Weiterzubildenden übernahm der finanziell vom SGPP-Vorstand abhängige "Assistentenverband" SVPA. Als Vertreter dieser Weiterzubildenden treten ein vom Vorstand ausgewählter Solothurner Oberarzt und ein Berner Praxisinhaber auf. Die beiden externen Gutachter: Jörg Püschel (Luzern) und Prof. Matthias Berger (Deutschland). Das Protokoll dieses Roundtables wird bis heute (Oktober 2018) vom SGPP-Vorstand geheimgehalten.
Oktober 2017 Erster Gutachtensentwurf mit Auflage zum Fremdjahr
Spätestens am 30. Oktober 2017 ist dem SGPP-Vorstand bekannt, dass die schärfste Massnahme einer Akkreditierung bevorsteht: Eine Auflage mit dem Auftrag das Fremdjahr zu überprüfen. Den SGPP-Mitgliedern wird dies verschwiegen.
13. November 2018
Der SGPP-Vorstand äussert sich in einer offiziellen, aber strikt geheimgehaltenen Stellungnahme zur Fremdjahrauflage im Expertengutachten. Gemäss DV-Entscheid vom April 2018 sollte der Vorstand das Fremdjahr verteidigen, ja fördern. Er tut das Gegenteil, jedoch nicht offen, sondern versteckt. Gegenüber dem BAG, Mebeko und AAQ greift der Vorstand das zentrales Proargument für das somatische Jahr an und plädiert damit sogar für eine Verschärfung der Auflage. Seine Stellungnahme vom 13.11.2017 hält der Vorstand vor den Mitgliedern und der DV streng geheim.
Ab Mitte November 2017
Erste Hinweise, dass der Vorstand der SGPP und die Weiterbildungskommission SKWF dabei sind, das somatische Fremdjahr in der Weiterbildung zum psychiatrischen Facharzt zu streichen und dies gegen den ausdrücklichen Willen und Entscheid der Verbandsmitglieder.
Dezember 2017
Dutzende PsychiaterInnen aus der ganzen Schweiz forderten vom SGPP-Vorstand am 18.12.2017 die Offenlegung seiner Akkreditierungsunterlagen, mit offenen Briefen.
15. 12. 2017
Das Gutachten der Experten ist verfasst und mit einer Auflage zum Fremdjahr: http://www.psica.ch/system/files/download/Gutachten20181215.png
Weihnachten2017
Statt einer Antwort verschickte der Vorstand ein FMPP-Weihnachtsmail 2017 unterzeichnet von Pierre Vallon und Julius Kurmann. Der Vorstand besteht darin auf Geheimhaltung seiner Unterlagen und beteuert treuherzig:
" Die eingangs erwähnten Anfragen münden z.T. in Verschwörungstheorien und Gerüchten, dass der Vorstand SGPP das Akkreditierungsverfahren nutzen wird, um das Fremdjahr abzuschaffen .... Der Vorstand der SGPP weist diese Vorwürfe mit aller Entschiedenheit zurück. Der Vorstand der SGPP und die SKWF haben weder im Selbstevaluationsbericht noch am Roundtable für die Abschaffung des Fremdjahres plädiert.“
18. Januar 2018
Seit über einem Monat empfiehlt das definitive Expertengutachten zum Fremdjahr die schärfste aller Massnahmen zu ergreifen- eine Auflag. Julius Kurmann, Präsident der SKWF auf der SGPP-Seite gibt sich auf den "Spezialseiten" des FMPP-Newsletters unwissend. Kurmann erwähnt die drohende Auflage mit keinem Wort: https://www.psychiatrie.ch/fmpp/spezialseiten-newsletter-fmpp/sgpp-akkreditierung-1812018/
Februar 2018
Der Vorstand versteckt seine Unterlagen und den Initianten fehlen trotz Anrecht auf Auskunft die Zeit und Mittel, um gegenüber dem SGPP-Rechtsanwalt Dr. Straub die Offenlegung einzuklagen. Die Initianten können jedoch mit Hilfe des eidg. Datenschutzbeauftragte Adrian Lobsiger und dem Rechtsanwalt Kai Ludwig in einer Schlichtungsverhandlung erreichen, dass zumindest das BAG spätestens Ende August 2018 seine Unterlagen offenlegen wird.
September 2018
Die im September 2018 veröffentlichten offiziellen Papiere zeigen, wie die SKWF und deren Präsident, SGPP-Vorstandsmitglied und FMPP-Vorstandsmitglied, der Luzerner Julius Kurmann, sowie die "externen" Gutachter J.P. ebenfalls aus Luzern sowie M.B. aus Deutschland das Schweizerische Weiterbildungsobligatorium somatisches Fremdjahr gezielt in Frage stellten, um es durch nebulöse fachspezifische Weiterbildungsmodule zu ersetzen. Geplant war eine Auflage, d.h. die schärfste in der Akkreditierung mögliche Massnahme, um das Fremdjahr in Frage zu stellen. Aus den veröffentlichten Unterlagen des BAG. Zitat:
„Die SKWF tendiert eher dazu, die somatischen Kompetenzen gezielt in der fachspezifischen Weiterbildung zu fördern. Eine andere Möglichkeit ist, das Obligatorium eines Fremdjahres generell zu überdenken, wobei die Lernziele aus der somatischen Medizin sonst in den Weiterbildungsgang zu integrieren wären...Die Gutachter kommen zu Schluss, dass sich die 6 Jahre Dauer der Weiterbildung, und damit das Fremdjahr, nur kompetenzbasiert begründen lassen. Sonst sollte die Fachgesellschaft das Fremdjahr lieber weglassen. Daraus ergibt sich die folgende Auflage:...“
Anstatt sich gemäss dem DV-Beschluss vom 6. April 2017 für das Fremdjahr einzusetzen, bekräftigte der SGPP-Vorstand seine negative Einstellung zum Fremdjahr offiziell gegenüber dem BAG, Mebeko und AAQ.
Ein letztes verbleibendes und doch zentrales Argument für das Fremdjahr wies der Vorstand noch im November 2017 trotz drohender Auflage schroff zurück und pochte so auf eine weitere Verschärfung der Auflage zum Fremdjahr. In der über ein Jahr lang vor den SGPP-Mitgliedern geheimgehaltenen Stellungnahme vom 13.11. 2017 an die AAQ bemängelte SGPP-Vorstandsmitglied Julius Kurmann mit folgenden Worten den Absatz 1B.3, Seite 9:
„‘Zu 1B.3, Seite 9, ca. in der Mitte steht der Satz "Dazu wird von der Fachgesellschaft angemerkt, dass das nicht fachspezifische Fremdjahr zur Identität als Mediziner beitragen könne.‘
Dies ist nicht korrekt.
Sowohl die SKWF, wie auch der Vorstand der SGPP sind der Ansicht, dass die Identität als Mediziner in der Ausbildung im Medizinstudium geprägt wird. Das somatische Fremdjahr hat kaum einen Einfluss auf die Prägung der Identität als Mediziner.“
Die seit Weihnachten 2017 monatelang wiederholten Behauptungen, der Vorstand setze sich für das Fremdjahr ein entpuppen sich als schlichte Unwahrheiten. Obwohl mit einer Auflage durch das BAG, die schrittweise Abschaffung des Fremdjahres drohte, hatte der Vorstand monatelang stets das Gegenteil behauptet:
„P. Vallon hält zu Beginn fest, dass sich der Vorstand klar für das Fremdjahr entsprechend den Entscheidungen der DV ausspricht.“ (DV vom 12.04. 2018. Auszug aus dem Protokoll).
Im SGPP-Rundmail vom 19.04.2018 an 2000 Mitglieder stellt sich der SGPP-Vorstand als unschuldiges Opfer dar und beschuldigt diejenigen SGPP-Mitglieder, welche wahrheitsgemässe Informationen einfordern:
„Der Vorstand und die Delegierten werden persönlich verunglimpft. Bewusst werden Unterstellungen gemacht und Fehlinformationen gestreut. Der Vorstand erachtet dieses Vorgehen als höchst unkollegial und respektlos.“
Die wiederholt vorgetragenen Beschwichtigungen des SGPP-Vorstandes, das Fremdjahr stünde im Akkreditierungsverfahren gar nicht zur Disposition erweisen sich nach Sichtung der Unterlagen als blatante Irreführung. Denn spätestens seit dem 30. Oktober 2017 ist dem SGPP-Vorstand bekannt, dass die schärfste Massnahme einer Akkreditierung bevorsteht: Eine zwingend zu erfüllende Auflage mit einem einzigen Ziel, nämlich der Prüfung, ob und wie das Fremdjahr abgeschafft werden kann. Aus den BAG-Unterlagen 3B.3, Seite 25:
„Auflage: Die Fachgesellschaft muss überprüfen, welche Kenntnisse und Fertigkeiten in somatischer Medizin im Rahmen der Weiterbildung erworben werden müssen. Sie muss zudem prüfen, ob diese auf eine andere, gezieltere Weise als durch ein Fremdjahr erworben werden können.“
Ebenfalls bekannt wird nun, dass die Auflage im März 2018 kommentarlos zugunsten einer Empfehlung abgeschwächt wurde. Insider aus dem SGPP-Vorstand berichten dazu:
Als der SGPP-Vorstand von den Plänen zur Urabstimmung mit Wahl- und Stimmrecht für 2000 SGPP-Mitglieder (One Doctor - One Vote!) erfuhr, habe er händeringend das Mebeko gebeten, die von SKWF-Präsidenten Julius Kurmann zuvor forsch vorgetragenen Vorstösse zur Fremdjahrabschaffung abzuschwächen. Mehr als alles andere schien und scheint der SGPP-Vorstand die Urabstimmung mit dem drohenden Resultat der Wiedereinführung einer stimmberechtigten Mitgliederversammlung zu fürchten.
Die Bitten des Vorstandes, seine zuvor forsch vorgetragenen Vorstösse zur Fremdjahrabschaffung zumindest aufzuweichen werden drei Wochen später, am 22. März 2018 erhört, denn das Mebeko wandelt die gutachterliche Auflage scheinbar unvermittelt und ohne schlüssige Begründung in eine weniger verbindliche Empfehlung um. Die Fremdjahrabschaffung steht nun zwar immer noch im Raum, jedoch nur noch als Empfehlung.
Gestützt auf das eidg. Datenschutzgesetz und Auskunftsrecht für Vereinsmitglieder werden die Initianten nun eine Herausgabe sämtlicher weiterer vor den SGPP-Mitgliedern geheim gehaltener SGPP-Dokumente verlangen.